6. Warum praktische und ethische Hürden und ein weihnachtlich geschmückter Viehtransporter die Idee vom eigenen Leder zunichtemachen.

Kann eigenes Leder aus artgerechter Haltung die Lösung sein? Und was ist überhaupt artgerecht?

Je mehr ich mich mit Rindern befasse, desto mehr lerne ich, welch sensible Familientiere sie sind. Reicht es, dass sie auf der Weide standen?

Was ist mit der Enthornung und der frühen Trennung der Kälber von den Kühen?

a cow licking a calf

Und ich stehe vor einem noch viel größeren Problem: für die Gerbung brauche ich eine stattliche Anzahl von Häuten. Die benötigt mein kleines Unternehmen nicht. Und die Schlachthöfe müssten mir mein „artgerechtes Leder“ von den restlichen Häuten trennen. Wollen sie aber nicht. Kann ich sie überzeugen? Und dann die Häute an den verschiedenen Standorten einsammeln, konservieren und lagern, bis ich genug für die Gerbung beisammen habe?

Es ist ein irrsinniges Unterfangen.

Und es kommt noch schlimmer: Am nächsten Morgen laufe ich wieder am Bullenstall vorbei. Ich mache das mittlerweile täglich. Es bestärkt mich, diesen neuen Weg zu gehen. Doch an diesem Tag bleibe ich ungläubig stehen.

Es ist eine Woche vor Weihnachten. Der Viehtransporter hat schlachtreife Rinder abgeholt. Er fährt gerade davon. Und er hat seinen kompletten Viehtransporter mit bunten, blinkenden Lichtern weihnachtlich geschmückt. Wie pietätlos kann man sein? Frohe Weihnachten, liebe Tiere!

Da spüre ich es nicht nur in der Magengrube. Da weiß ich es: Tiertransporte? Will ich auch nicht mehr mitfinanzieren!

Allerdings bedeuten diese ganzen Erkenntnisse und der Zorn in meinem Bauch:

Mein Plan, eigenes Leder von artgerecht gehaltenen Rindern zu machen, rückt in schier unerreichbare Ferne.

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